Allgemeines
Italien hat sehr spät (wie Deutschland) zu seiner staatlichen Einheit gefunden. Erst 1860 schlossen sich das Königreich Sardinien (regiert vom Haus Savoyen), die Lombardei (vorher k.u.k. habsburgisch), das Königreich beider Sizilien (vorher unter spanisch-bourbonischer Herrschaft), Teile des Kirchenstaates und viele kleine Herzogtümer (vorher unter französisch-bourbonischer oder habsburgischer Herrschaft) zum Königreich Italien zusammen. Venetien rang noch um seine Unabhängigkeit von Österreich-Ungarn. 1866 kommt es zum deutsch-deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich (Schlacht bei Königgrätz). Italien verbündete sich mit Preußen und bekam Venetien im Frieden von Wien zugesprochen, Venedig verlor allerdings endgültig seine Landesteile Istrien und Dalmatien an die Donaumonarchie.
Der von Frankreich zum „Schutz“ des Papstes besetzte Rest des Kirchenstaates, das heutige Latium, konnte erst 1870 (deutsch-französischer Krieg) von italienischen (Garibaldis) Truppen erobert werden. 1871 wurde Rom Hauptstadt. Wieder beeinflusste Bismarcks Politik die Entstehung des modernen Italiens.
1919 kamen Trentino und Alto Adige (Südtirol) zu Italien.
Auch Istrien wurde wieder venezianisch. 1947/1954 fiel es jedoch an Yugoslawien (Slowenien und Kroatien).
Das Toskanische mit seiner großen Literatur war seit der Renaissance eine für viele Italiener verständliche Sprache, auch durch die Beziehungen der toskanischen Herrscher (auch einige Päpste) zum übrigen Italien wurde es über die Toscana hinaus gesprochen. Nach der Einigung entwickelte sich daraus das heutige italienisch und wurde zur (für Schule und Behörden) verbindlichen Sprache. Dadurch - und besonders durch das landesweit verbreitete Fernsehen - benutzt heute die Mehrheit italienisch auch im Alltag.
Die sprachlichen und kulturellen Gegensätze waren groß und sind bis heute nicht ganz überwunden und werden teilweise auch gepflegt. Dazu kommen noch die zweisprachigen Gebiete der Minderheiten. Es gibt anerkannt zweisprachige Gebiete - Aosta-Tal (französisch), Alto Adige (deutsch), Trentino (ladinisch), Friuli-Venezia Giulia (friuli-ladinisch und slowenisch) und Sardinien (sardisch und katalanisch) - Typisch italienisch ist dabei, dass ganz selbstverständlich andere Sprachminderheiten außerhalb der staatlich anerkannten Gebiete ihre Ortschaften zweisprachig beschildern - Ladiner, Räto-Romanen, Cimbara, Albaner, Großgriechen, Spanier, Katalanen und vielleicht noch einige mehr. Typisch italienisch ist diese Toleranz - und die Achtung und Anerkennung des Anderssein des Nachbarn - bei gleichzeitiger Pflege von Vorurteilen und Klischees.
Für die Küche des Landes bedeutet das einiges an Verwirrung bei den Namen bestimmter Lebensmittel z.B. bei Pasta und Caffé und es gibt auch einige traditionelle Grenzen, z.B. zwischen Butter und Olivenöl oder zwischen Polenta und Pasta.
Trotz aller Verschiedenheiten der Regionen und ihrer Essgewohnheiten gibt es eine Gemeinsamkeit in der italienischen Küche - alles schmeckt nach dem was es ist! - nichts wird im Geschmack vergewaltigt.
Latium
Latium mit der Hauptstadt Rom ist das alte Kernland der Römer (Lateiner) und hatte schon im Römischen Reich einen besonderen Status. Nach dem Untergang des Imperiums und dem Ende des Gotenreiches wurde die Region als Bistum Rom vom Papst und Bischof von Rom als Herrschaftsgebiet beansprucht, aber von Ostrom (Byzanz) dem Exarchat Ravenna unterstellt. Im Jahr 754 wurde es vom fränkischen König Pipin III. dieser Herrschaft entzogen und dem Bischof von Rom als Staat „Patrimonium Petri“ geschenkt. Dies begründete eine lange besondere Bindung an das (West)-fränkische Reich (also Frankreich), die erst 1870 endete.
Die Küche Roms und Latiums ist ziemlich konservativ und immer noch von den Jahreszeiten und dem Kirchenkalender geprägt - das heißt, an bestimmten Feiertagen gibt es bestimmte traditionelle Gerichte. Die Landwirtschaft des Hinterlandes bestimmt weitgehend den Speisenzettel. An der langen Küste sind natürlich Fisch und Meeresfrüchte ein wichtiger Bestandteil der Küche. Es werden nur wenige Lebensmittel importiert und deshalb gibt es auch nicht alles zu jeder Zeit. Produkte aus der Umgebung haben durch die kurzen Transporte nun mal einen besseren Geschmack.
Besonders wichtig ist der Caffe’ in vielen Variationen - und zum Caffe’ gehören Dolci (Süßigkeiten). Typisch für den „Süden“ ist dabei, dass Milchkaffee in allen Variationen eigentlich nur am Vormittag getrunken wird (eine Tradition aus kühlschrankloser Zeit), nur in Touristenzentren gibt es Cappucino und Verwandte auch am Nachmittag.
Doch erst zur normalen Küche, sie ist ländlich konservativ und eher gehaltvoll und kräftig. Sie beruht auf frischen Zutaten der Region. Fett wird sparsam verwendet, überwiegend Olivenöl, aber auch neutrale Öle wie Sonnenblumenöl, wenn es der Speise angemessen ist.
Eine große Rolle in der Küche spielen auch Hülsenfrüchte, besonders Linsen und Kichererbsen.
Venetien / Julisch Venetien und Friaul
In den Wirren der Völkerwanderung suchten immer mehr Menschen Schutz vor durchziehenden Heeren in der großen Lagune an den Mündungen von Piave, Sile, Dese und Brenta. Besonders die Feldzüge des Hunnenkönigs Attila, der im Auftrage Ostroms Italien erobern sollte und insbesonders den Bischof von Rom und Papst wieder unter oströmische kaiserliche Kirchenhoheit zwingen sollte, trafen besonders Aquilea und Grado. Seine geflohenen Bewohner gründeten erst Torcello und dann Venedig auf flachen Inseln. Im Jahr 487 wurde der Sitz des oströmischen Patriarchats von Aquilea und Grado nach Venedig verlegt und damit war der Erfolg einer wachsenden, geschäftstüchtigen und vor allem sicheren Stadt garantiert.
493 eroberten die Ostgoten (arianische Christen) als Vasallen Ostroms Italien und errichteten eine Herrschaft, die die katholische Religion und den Primat des Papstes anerkannte, obwohl sie offiziell dem Exarcht Ravenna unterstanden - sehr zum Missfallen des Kaisers in Konstantinopel (Byzanz).
Nach dem Ende des ostgotischen Reiches durch oströmische Heere zur Zeit des Kaisers Justinian verließen die Langobarden (arianische und katholische Christen) das Gebiet des heutigen Kroatiens und Sloweniens eroberten das damalige Italien (ohne Sizilien und Calabrien). Die katholischen Christen waren offiziell immer noch dem Exarcht Ravenna unterstellt, aber der Bischof von Rom war faktisch das anerkannte Oberhaupt.
Nach dem die Franken (katholische Christen) 774 Norditalien (das Reich der Langobarden) erobert hatten und das Patrimonium Petri errichteten, versuchten Venedig und seine verbündeten Küstenstädte unabhängig zu werden. Sie erreichten dies auch 811 als venezianischer Seebund. 812 wurde Venedig im Vertrag von Aachen die „immerwährende Freiheit von fremder Herrschaft“ vom römisch-fränkischen Reich garantiert. Damit war auch der Einfluss von Ostrom (Byzanz), das in diesem Vertrag Karls Römische Kaiserwürde anerkannte, auf Italien beendet. Diese Sicherheit gab die Möglichkeit, zur Unterstützung des Levante-Handels (Naher Osten) nach und nach Istrien, Dalmatien, Korfu, Kreta, Naxos, Rhodos und weitere Inseln und Teile Cyperns zu beherrschen. Diese Gebiete wurden ab dem 15.Jahrhundert osmanisch und der Handel verlor stark an Bedeutung, besonders nach der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Indien. Venedig blieb aber selbstständig bis zur Eroberung durch Napolen 1797. Danach, 1815 vom Wiener Kongress beschlossen, fiel Venetien an Habsburg-Österreich und schloss sich 1866, nach langen Befreiungskämpfen und dem preußisch-österreichischen Krieg, Italien an.
Der Veneto liegt im Polenta-Reis-Gebiet und Butter und Sahne sind wichtiger als Öl. Die Landwirtschaft der Ebene und Viehwirtschaft der Dolomiten liefert die Produkte. Berühmt ist der „San Daniele“-Schinken
Durch die vielfältigen Handelsbeziehungen wurde natürlich auch die Küche Venetiens geprägt. Doch ist der orientalische Einfluss trotz der 1000 Jahre Levantehandel erstaunlich gering. Die Nähe zu Österreich ist aber deutlich zu spüren. Der Großraum Alpen-Donau-Adria ist trotz aller Unterschiede kulturell und in den Lebensumständen und -grundlagen immer sehr ähnlich gewesen, die zeitweise habsburgische Herrschaft hat dies noch verstärkt.
In der ursprünglichen Küche ist Pizza fast unbekannt und Salat ist immer nur Beilage. Mais ist auf den tiefgelegenen Flächen mit ihren feuchten Böden eine sichere Ackerfrucht. Dadurch ist er als Salat und vor allem als Mehl und Grieß in der Küche weit verbreitet. Polenta ist eine wichtige Beilage und wird vielfältig zubereitet, meist passend zum Rest der Mahlzeit gewürzt. Dadurch ist Polenta ein geschmackvolles Gericht, aber da wo sie nur für Touristen zubereitet wird, sollte man vorsichtig sein, dort ist sie selten richtig frisch und oft auch aus gefärbtem Weichweizen-Grieß, weil dieser wesentlich billiger ist als hochwertiger Mais-Grieß.
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